Story: 55 Stunden Dunkelheit - Gefangen in der Höhle
Shownotes
Eine Wanderung durch die malerische Kreuzhöhle in Slowenien sollte ein unvergesslicher Wochenendtrip werden. Doch für die Freunde Tomas, Aida und Anna und ihre zwei Guides wurde sie zur tödlichen Falle. Heftige Regenfälle ließen den unterirdischen Fluss in der Höhle so schnell ansteigen wie nie zuvor – und schnitten der Gruppe den einzigen Rückweg ab.
55 Stunden lang saßen sie fest, umgeben von eiskaltem Wasser und totaler Dunkelheit. Ohne Handyempfang, ohne Kontakt zur Außenwelt. Wie hielten sie die Panik im Zaum? Welche Überlebensstrategien retteten ihre Psyche vor dem Kollaps? Und warum war eine unscheinbare Notfallkiste mit einem Gaskocher und Kaffee die wichtigste Waffe gegen die Verzweiflung?
Galileo-Redakteur Peter Krainer erzählt die unglaubliche wahre Geschichte eines Überlebenskampfes, der nur durch Disziplin, Gemeinschaft und eine lebensrettende Entscheidung in letzter Sekunde gewonnen wurde.
Link zum Experiment von Fabian Hambüchen; https://www.joyn.de/serien/real-survivor
Transkript anzeigen
00:00:09: Ein Tropfen fällt.
00:00:11: Das Geräusch halt durch die Dunkelheit wie ein dumpfer Schlag.
00:00:15: Doch hier, tief unter der Erde, ist es mehr als nur ein Geräusch.
00:00:20: Es ist ein
00:00:21: Alarmsignal.
00:00:24: In einem unterirdischen Labyrinth aus Fels und Wasser werden drei Freunde und ihre zwei Guides von der Außenwelt abgeschnitten.
00:00:33: Das Wasser steigt und der einzige Weg zurück ist verschwunden.
00:00:38: eingeschlossen in einer Höhle, nicht wissend, ob Rettung nachht.
00:00:42: Es gibt keinen Weg nach draußen und nur wenig, was gegen die Panik
00:00:47: hilft.
00:00:48: Wie konnten sie überleben?
00:00:50: Was passiert mit Körper und Psyche, wenn man in der Dunkelheit gefangen ist?
00:00:54: Und welche Entscheidung in letzter Sekunde rettete ihr Leben?
00:01:00: Hören,
00:01:00: staulen, verstehen,
00:01:02: der Galileo-Podcast.
00:01:04: Mein Name ist Peter Kreiner aus der Galileo-Redaktion und heute tauchen wir ein in eine Geschichte, die Unglaubliches über das Überleben lehrt.
00:01:13: Sie beginnt als simpler Tagesausflug und endet in einem fünfundfünfzigstündigen Überlebenskampf.
00:01:20: Es ist die wahre Geschichte von Tomasz, Eider und Anna, die in der slowenischen Kreuzhöhle eingeschlossen wurden.
00:01:28: Doch von Anfang an.
00:01:31: Am sechsten Januar, zwei Tausendvierundzwanzig, machen sich die drei Freunde auf zu einer Tour durch die Krishnajama, die berühmte Kreuzhöhle.
00:01:39: Sie ist Teil eines weit verzweigten Karstsystems im Südwesten Sloweniens, international bekannt für ihre fünfundvierzig unterirdischen Smaraktgrünen Seen.
00:01:49: Die Höhle ist keine gewöhnliche Touristenattraktion.
00:01:51: Besuche sind nur in Begleitung erfahrener Höhlenführer der lokalen Association of Krishna Cave Lovers möglich.
00:01:58: Ein Umstand.
00:01:59: der sich für die Gruppe als Glücksfall erweisen sollte, denn viele der Guides sind nicht nur leidenschaftliche Hobbyforscher, sondern auch ausgebildete Höhlen-Teicher und Teil des Nationalen Höhlenrettungsdienstes.
00:02:12: Die Gruppe startet also zwei Guides, dazu Eider, Anna und Tomas.
00:02:19: Wir sind da in der Früh angekommen und haben uns vor der Höhle Overroll-Stiefel und Helme angezogen.
00:02:27: Danach sind wir bis zum ersten See gegangen, um den Wasserstand zu checken.
00:02:32: Ja, und dann ging die Tour los.
00:02:36: Bis zu diesem Moment läuft alles nach Plan.
00:02:39: Doch draußen, über Slowenien, toben heftige Regenfälle.
00:02:43: Eider erzählt?
00:02:45: Wir wussten, dass es draußen regnet, aber das war nicht schlimm.
00:02:51: Was die Gruppe nicht ahnt, die Wassermassen lassen den unterirdischen Fluss in den kommenden Stunden so schnell ansteigen wie nie zuvor in der Geschichte der Höhle.
00:03:01: Der Rückweg wird zu tödlichen Falle.
00:03:04: Doch noch ist die Gruppe verzaubert von der Schönheit, die sie umgibt, wie Anna erzählt.
00:03:14: Alles hat geglitzert und überall hat es gehalten.
00:03:18: Und an bestimmten Stellen hat sich das Licht im Wasser gespiegelt.
00:03:21: Das war jedes Mal ein bisschen anders.
00:03:24: Die ganze Szenerie war wie aus einem Märchen.
00:03:27: Die Krishna-Jama ist weltweit berühmt.
00:03:30: Ihre glasklaren Seen sind bis zu sieben Meter tief.
00:03:33: Die Tour zum sogenannten Kristallberg dauert sieben Stunden und ist so beliebt, dass es eine jahrelange Warteliste gibt.
00:03:40: Die Tour durch die Höhle ist auch ein echtes Abenteuer und erfordert auch ein bisschen Mut.
00:03:45: An
00:03:46: manchen Stellen muss man sich ducken, weil die Wasseroberfläche so nah an die Decke kommt, dass kaum Platz dazwischen bleibt.
00:03:53: Man muss sich mit dem Boot so richtig da durchzufinden.
00:04:01: Ein Detail, das man sich merken sollte.
00:04:04: Denn genau an dieser Stelle gibt es wenig später kein Zurück mehr.
00:04:08: Doch zuerst geht es vom Boot aufs Land, der letzte trockene Teil
00:04:13: der Tour.
00:04:16: Nach einer Weile sind wir beim Kristallberg in einer riesigen Halle angekommen.
00:04:20: Dort haben wir kurz was gegessen und ein paar Fotos gemacht und danach sind wir auch schon wieder umgekehrt.
00:04:29: Als
00:04:29: die Gruppe zum Rück zum Boot kommt, schrillen die Alarmglocken der Geiz.
00:04:34: Der Wasserstand ist viel zu hoch.
00:04:37: Mit einem Mal wird aus dem Abenteuer ein Kampf gegen die Zeit.
00:04:42: Wir sind so schnell wie möglich zurück zum Boot.
00:04:45: Und dann los, los, los.
00:04:47: Aber als wir zu diesem Durchgang kamen, der niedrigsten Stelle der Höhle, da saßen wir fest.
00:04:57: Keine Chance, den Rückweg zu meistern.
00:04:59: Tauchen ist bei sechs Grad Wassertemperatur unmöglich.
00:05:03: Die Geiz lassen sogar Luft aus dem Boot, um den Spalt zu passieren.
00:05:06: Doch es hilft nichts.
00:05:07: Sie sitzen in der Falle.
00:05:10: Wir wurden hinten ganz nass, weil wir versucht haben, uns so vorzuarbeiten mit den Händen.
00:05:19: Man liegt so im klitschnassen Boot drin und versucht sich in der Decke abzustoßen,
00:05:25: was
00:05:25: bei uns gar nicht funktioniert hat.
00:05:28: Da war uns klar, jetzt ist die Kacke an Dampfen.
00:05:34: Also umkehren.
00:05:36: Klatschnass, frierend und orientierungslos, flüchtet die Gruppe auf einen Felsen.
00:05:41: Etwa zwei Kilometer vom Höhlen-Eingang entfernt sitzen sie fest, ohne die Möglichkeit Hilfe zu rufen.
00:05:49: Da unten gibt es Nullempfang, keine Chance zu kommunizieren.
00:05:56: Man kann nichts machen.
00:05:57: Man sitzt da, wartet darauf, dass das Wasser zurückgeht.
00:06:01: Aber das tut es natürlich nicht.
00:06:04: Und das war's.
00:06:05: Kein Signal, keine Nachricht nach draußen.
00:06:08: Nur Luft, Fels, Wasser und der Kampf, die Nerven zu behalten.
00:06:14: Ihre Geiz ziehen die Gruppe auf eine sichere Felsbank, die zehn Meter über dem Wasserspiegel liegt.
00:06:20: Von einem ehemaligen Höhlingeit wurde dort eine Notfallkiste zurückgelassen.
00:06:25: Darin Kerzen, ein Gaskocher und Kaffee.
00:06:29: Genug, um sich aufzuwärmen und Kraft zu sammeln.
00:06:33: Die meisten von uns stellen sich Warten ja als Stillstand vor.
00:06:37: Durch die Wissenschaft zeigt, in einer Krisensituation ist Warten harte Arbeit.
00:06:42: Es beginnt mit dem Schaffen von Struktur, um dem Chaos entgegenzuwirken.
00:06:47: Die Gruppe handelte intuitiv nach Prinzipien, die in der psychologischen Forschung als entscheidend für das Überleben gelten.
00:06:54: Wer froher kam in die Mitte, wer ruhig reden konnte, redete.
00:06:58: Wer Hände hatte, bewegte sie.
00:07:00: Jede kleine wiederkehrende Aufgabe, sei es das Aufteilen von Essen oder das Zuteilen von Wasser, gibt im Gehirn die dringend benötigte Kontrolle zurück.
00:07:10: Diese Rituale stärken das Gefühl der Selbstwirksamkeit, also das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und verhindern das Panik ausbricht.
00:07:20: Der Kopf muss beschäftigt bleiben.
00:07:22: Lieder singen, auch wenn einem nur Bruchstücke einfallen, Wortspiele, ein Witz, der vielleicht nicht gut ist, egal.
00:07:29: Hauptsache, Die Stimmung bleibt positiv.
00:07:33: Anna begann zu singen.
00:07:35: Der Guide hat Witze erzählt.
00:07:37: Wir hatten völlig den Verstand verloren.
00:07:39: Mein Kopf war nur noch pfff.
00:07:42: Ich habe angefangen zu singen und ein bisschen geweint.
00:07:46: Neben der Kälte und der Angst wird aber auch die Hygiene zum Problem.
00:07:52: Eigentlich will man sich einfach nur mal waschen oder sich umziehen, was auch immer.
00:07:57: Das geht aber nicht.
00:07:59: Man sitzt einfach nur da, in denselben Klamotten und wünscht sich, sie ausziehen zu können.
00:08:08: Wir hatten wie im Restaurant Toiletten für Männer und für Frauen.
00:08:16: Die
00:08:16: Frauen gingen auf die Rechte und wir Jungs auf die linke Seite.
00:08:22: Alle sind erschöpft.
00:08:24: Doch selbst schlafen ist eine Herausforderung.
00:08:27: Sich hinlegen ist auf dem felsigen Untergrund unmöglich.
00:08:31: Rucksäcke werden zu lehnen, die Felsbank bietet aber kaum genug Platz.
00:08:37: Für mich war das der blanke Horror.
00:08:40: Das Schlafen war echt anstrengend.
00:08:46: Meine Mutter und ich haben vielleicht maximal mal einen Nickerchen gemacht.
00:08:51: Wirklich
00:08:51: alles tat weh.
00:08:53: Man konnte sich nicht ausgestreckt hinlegen.
00:08:59: Ich lag direkt an einem Stein.
00:09:01: Und damit ich mir nicht den Kopf stoße, habe ich meinen Helm aufgesetzt.
00:09:06: Wir haben mit Helmen geschlafen.
00:09:08: Ja, weil es so weh getan hat.
00:09:10: Nur Tommy hat so tief geschlafen, als wäre er tot.
00:09:14: Ich habe noch nie so viel geschlafen.
00:09:16: Ich muss in einer Art Winterschlaf gefallen sein.
00:09:21: wie er sich übrigens anfühlt, allein in einer Höhle eingeschlossen zu sein.
00:09:25: Das hat auch Fabian Hammbüchen mit seiner Freundin in einem einzigartigen Galileo-Experiment ausprobiert.
00:09:31: Wie es ihnen dabei ging, seht ihr auf Join in der Galileo-Mediathek unter Real Survivor, aber zurück zu Tomas, Eider und Anna.
00:09:40: Was die Gruppe in ihrer Situation nämlich nur ahnen kann, ist, Hilfe ist unterwegs.
00:09:47: Nachdem die Gruppe nicht wie geplant aus der Höhle zurückgekehrt war, hatte der diensthabende Offizier der Höhlenvereinigung Alarm geschlagen.
00:09:54: Sofort wurde eine Rettungsaktion eingeleitet und inzwischen arbeiten Taucher der Slowenischen Höhlenrettungsgesellschaft an der Befreiung der Gruppe.
00:10:04: So gegen vier Uhr morgens sind wir alle hochgeschreckt, weil unser Guide plötzlich los schrie.
00:10:08: Sie kommen, um uns rauszuholen.
00:10:11: Der war völlig aus dem Häuschen.
00:10:13: Und ich konnte es auch kaum erwarten, rauszukommen.
00:10:18: Die Taucher bringen Decken, Essen und ein beheizbares Zelt.
00:10:23: Doch rausholen können sie die Gruppe nicht.
00:10:26: Denn das Wasser steigt immer noch.
00:10:28: Die Einsatzleitung entscheidet sich bewusst gegen eine riskante Sofortrettung.
00:10:33: Sie setzen darauf, dass die Gruppe in einer stabilen Verfassung aushalt, bis die Bedingungen sicher sind.
00:10:40: Wir hatten zum ersten Mal wirklich die Hoffnung, jetzt geht's raus.
00:10:45: Doch dann sagten sie, geht nicht, das Wasser ist gestiegen.
00:10:49: Ich glaube, da habe ich die Situation erst so richtig begriffen.
00:10:52: Die erste Kontaktaufnahme bringt aber das psychologisch wichtigste Signal.
00:10:57: Es gibt eine Verbindung zur Außenwelt.
00:11:00: Der schnelle Eintreffen der Retter und die prompte Versorgung wirken sich extrem positiv aus und verhindern Panik.
00:11:06: Wie später in den Berichten zu lesen ist, beschreiben die Retter den Gemütszustand von Thomas Scheider und Anna als sehr stabil und waren sogar von ihrer positiven Stimmung überrascht.
00:11:17: Während der Zeit war zumindest Trinken in der Wasserhöhle kein Problem.
00:11:23: Wir haben kein Wasser direkt aus der Höhle getrunken, weil wir ja nicht wussten, ob es trinkbar ist.
00:11:27: Also haben wir es abgekocht.
00:11:32: Seit über fünfzig Stunden sitzt die Gruppe jetzt fest.
00:11:36: Zwei Rettungsversuche sind gescheitert.
00:11:38: Doch dann kommt der Moment, auf den alle gewartet haben.
00:11:43: Die Retter warten ab, bis der Pegel langsam fällt.
00:11:47: Sie entscheiden sich gegen einen schnellen und riskanten Abtransport.
00:11:51: Stattdessen werden Leinen verlegt, Engstellen gesichert, die Route in kontrollierte Abschnitte geteilt.
00:11:59: Wir mussten unseren Platz aufräumen.
00:12:00: Dann haben wir unser ganzes Zeug gepackt und sind runter zum Wasser aufs Boot.
00:12:07: Die Rettung selbst ist dann recht unspektakulär.
00:12:10: Und genau das ist auch das Ziel.
00:12:12: niedrige Lautstärke, klare Handzeichen, Körperkontakt an kritischen Stellen.
00:12:17: Die Fehlerwahrscheinlichkeit mit Kleingehalten.
00:12:20: Abschnitt um Abschnitt nähert sich die Gruppe dem Tageslicht.
00:12:25: Nach rund fünfundfünfzig Stunden sind alle fünf Personen draußen.
00:12:30: Medizinische Checks vor Ort, Wärmezufuhr, psychologische Begleitung.
00:12:34: Öffentlich wird bestätigt keine verletzten, stabile Verläufe.
00:12:38: Die Gruppe ist sicher.
00:12:42: An dem Wochenende waren wir die berühmtesten Menschen Slowenians.
00:12:45: Fünfundfünfzig Stunden eingeschlossen in einer Höhle.
00:12:49: Die Gruppe hatte mit ihren zwei professionellen Höhlenführern großes Glück.
00:12:54: Doch was bleibt über ein Jahr nach einer solch extremen Erfahrung?
00:13:00: Ich bin echt dankbar für so eine Erfahrung.
00:13:03: Weil sowas kannst du einfach nicht noch mal erleben, selbst wenn du wolltest.
00:13:08: Das ist unmöglich.
00:13:10: Im Nachhinein merkst du auch, wo deine Grenzen sind.
00:13:13: Oder auch nicht.
00:13:14: Vielleicht bist du selbstbewusster danach.
00:13:17: Oder du nimmst es einfach als Beweis, du schaffst das.
00:13:20: Situationen, die für andere komplett unvorstellbar
00:13:22: wären.
00:13:25: Wann gehen wir wieder in die Höhle?
00:13:28: Wir gehen nicht mehr in die Höhle.
00:13:32: Das Faszinierende an der Geschichte der drei ist, dass sie es trotz der unglaublich beängstigenden Situation geschafft haben, positiv zu bleiben.
00:13:40: Dass sie sich gegenseitig halt gegeben haben und so eine unglaubliche Ungewissheit gut überstanden haben.
00:13:47: Sogar so gut, dass sie heute schon wieder darüber lachen können.
00:13:50: Eine Geschichte, die zeigt, wie stark wir als Gruppe sein können, wenn wir zusammenhalten.
00:13:57: Und das war's auch schon für heute.
00:13:58: Ich bin Peter Krainer.
00:13:59: Bis zum nächsten Mal.
00:14:00: Tschüss und
00:14:01: baba.
00:14:04: Der
00:14:05: Galileo Podcast.
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