X-perience: Wenn 7000 Tote per Knopfdruck kommen
Shownotes
37 Millionen Menschen, null Platz – und trotzdem müssen alle irgendwo hin, auch nach dem Tod. Christoph Karrasch entdeckt in Tokio einen Friedhof, der aussieht wie ein Apple Store: 7000 Urnen lagern in Toyota-Regalen und fahren per Roboter auf Knopfdruck zu den Angehörigen. Dazu übernachtet er in einem Hotel unter donnernden Zügen mit nur dreieinhalb Stunden Ruhe pro Nacht. Stefan Gödde kann nicht glauben, wie kreativ eine Stadt wird, wenn jeder Quadratmeter Gold wert ist. Eine absurde Reise durch die extremsten Platz-Lösungen der vollsten Stadt der Welt.
Secrets of Tokyo - jederzeit kostenlos auf Joyn
Transkript anzeigen
00:00:02: Mit sieben und dreißig Millionen Einwohnern ist Tokio die größte Stadt der Welt.
00:00:07: Aber damit nicht genug den jährlich kommen nochmal etwa dreißig Millionen Besucher dazu.
00:00:12: Wo so viele Menschen an einem Ort zusammenkommen, da heißt es zusammenrücken und jeden Zentimeter Platz so gut wie möglich ausnutzen.
00:00:21: Und das führt zu manchmal wirklich absurden
00:00:23: Zustellen.
00:00:24: Was genau da in Tokio los ist und wie sich das Leben dort anfühlt, genau das ist heute unser Thema.
00:00:31: Hören,
00:00:32: staunen, verstehen,
00:00:33: der Galileo Podcast.
00:00:35: Und damit herzlich willkommen zu einer neuen Experience-Ausgabe unseres Galileo Podcasts.
00:00:39: Ich bin Stefan Goethe und freue mich sehr, mit meinem lieben Kollegen Christoph Karas zu sprechen.
00:00:44: Ich grüße dich.
00:00:45: Hallo
00:00:45: Stefan, ich freue mich sehr.
00:00:47: Sag mal, du hast dich für uns in Tokio reingekwetscht, kann man so sagen, im wahrsten Sinne des Wortes.
00:00:52: Wie oft warst du schon da?
00:00:53: Das war nicht dein erstes Mal, oder?
00:00:55: Es war nicht das erste Mal.
00:00:56: Es ist aber schon eine Weile her.
00:00:58: Vor zwölf Jahren, im Jahr den letzten Mal, beziehungsweise auch das erste Mal da.
00:01:03: Und ich wusste auch genau, an welchen Ort ich jetzt als allererstes wieder zurückkehren will.
00:01:08: Bevor ich überhaupt im Hotel war, bin ich direkt erst mal zur großen Shibuya-Kreuzung.
00:01:11: Diese berühmte Straßenkreuzung, wo du, wenn dann alles von Autos auf Fußgänger umschaltet in zehn Richtungen irgendwie laufen kannst und da wird einem so richtig klar, wie voll diese Stadt Tokio ist.
00:01:26: Also ich habe mir direkt mal den Overkill abgeholt und war sofort in Tokio-Stimmung.
00:01:31: Ich durfte auch schon mal da drehen, auch an dieser besagten Kreuzung.
00:01:35: Ganz ehrlich, wie ging es dir dabei?
00:01:37: Also kommst du dir vor wie eine kleine Ameise, die vollkommen unwichtig ist in dieser Welt und es gibt so viele Millionen von anderen Menschen und es ist völlig egal, ob man existiert oder nicht.
00:01:49: Ja, das ist jetzt sehr hart ausgedrückt, aber das stimmt schon.
00:01:53: Man geht wirklich unter diesen Massen unter und ich finde es total spannend, wie gerade an dieser Kreuzung, da erlebst du ja die ganze Welt auf kleinstem Raum, also wo dann irgendwelche verrückten Menschen mit Froschköpfen da irgendeinen Tanz aufführen, wenn sie dann da über die Kreuzung laufen können oder Leute, die einfach endlich dieses eine Selfie von dieser Kreuzung haben wollen oder Menschen, die diese Kreuzung einfach jeden Tag nutzen müssen, in Anführungszeichen, weil das ihr Weg zur Arbeit ist.
00:02:20: Also da stoßen so Mikrokosmen aufeinander, die alle nichts miteinander zu tun haben, aber die zusammen diese riesige Masse einfach produzieren und mitten drinnen.
00:02:31: Ja, genau.
00:02:32: Dann so jemand, der mal staunt und guckt und denkt so ... Das ist ja alles verrückt.
00:02:37: Ich hab das eben so ketzerisch gefragt, weil es mir tatsächlich so ging, als ich da war, hab ich mir gedacht, meine Güte, also wir alle sind ja Individuen und haben alle unser eigenes Leben mit unseren Gedanken und Wünschen und Zielen und dann ist man mal krank.
00:02:49: Und dann hab ich mir gedacht, und jeder von diesen, aber tausende Menschen, die gerade hier auf dieser Kreuzung sind, jeder von denen hat dieses Leben.
00:02:57: Das ist jetzt vielleicht gerade ein bisschen zu philosophisch gedacht, aber ich hoffe, du weißt, was ich meine.
00:03:01: Ich
00:03:01: mag das total so groß zu denken, weil du vollkommen recht hast.
00:03:04: Ja.
00:03:05: Und dann denke ich mir okay, aber dann ist es mein eigenes Leben ist wirklich nur eins von wahnsinnig vielen auf dieser Welt und man darf sich wirklich nicht so wichtig nehmen, weil es gibt sehr viele andere Menschen mit eigenen Wünschen und Zielen und Träumen.
00:03:18: Und ich finde das ist so ein bisschen das Gefühl war mein Eindruck von Tokyo, dass da wahnsinnig, natürlich wahnsinnig viele Menschen sind, aber die sich auch irgendwie.
00:03:26: Und diese Kreuzung ist das beste Beispiel dafür, irgendwie arrangieren müssen, um miteinander klarzukommen.
00:03:31: Da gibt's ja irgendwie Ampelschaltung und alles, das ihr irgendwie geordnet.
00:03:36: Wie ist dein Eindruck von Tokio?
00:03:37: Weil es so wahnsinnig viele Menschen sind.
00:03:39: Wie kann man da zum Beispiel leben?
00:03:41: Ich glaub, ihr habt euch ein bisschen beschäftigt mit dem Thema Wohnen und Übernachten.
00:03:46: Übernachten, genau.
00:03:47: Also tatsächlich aber auch im Bezug auf touristisches Übernachten.
00:03:52: Und auf Ideen zum Thema ... Platzmangel.
00:03:55: Das war unser ganzes großes Thema, mit dem wir uns durch Tokio begeben haben, diese große, große Stadt, die zwar riesig ist, aber in der noch viel mehr Menschen leben, sodass am Ende doch wieder Platzmangel herrscht.
00:04:06: Und dort gibt es ein sehr ausgeklügeltes Bahnsystem, also U-Bahn, S-Bahn, überall fahren Bahnen ja auch pünktlich auf die Sekunde.
00:04:16: Das ist ja das, wofür Tokio auch so berühmt ist.
00:04:19: Oft überirdisch auf so Bahntrassen.
00:04:23: Und diese Bahntrassen sind lange Zeit luftleerer Raum gewesen, bis man irgendwann gemerkt hat, ah, warte mal, wir brauchen Platz.
00:04:30: Wie können wir denn eigentlich diese Bahntrassen oder den Raum unter den Bahntrassen, die einfach nur mit diesen Betonstützpfeilern quasi versehen sind?
00:04:40: Wie können wir diesen Platz neu denken, neu nutzen, um Platz zu schaffen?
00:04:45: Und das war gleich meine erste Erfahrung in Tokio.
00:04:48: Es gibt dort ein Hotel.
00:04:50: unter der Bahntrasse.
00:04:52: Das ist dort nachträglich mit, ich sag das jetzt ein bisschen zu Salopp, mit so See-Containern darunter gebaut worden und ist eine super spannende Erfahrung.
00:05:02: Das erst mal zu finden überhaupt war ein Abenteuer, ich bin da mit meiner Navigation da irgendwie durch Tokio gelaufen, hab diese Bahntrasse gesehen und dachte, irgendwo muss es hier sein, aber das ist da so reingeklemmt unten, dass man es kaum sieht.
00:05:16: Und wenn man dann ... Ähm, in die Rezeption kommt, dieses Hotel heißt passenderweise auch Under Railway Hotel, das ist der Name.
00:05:25: Wenn man da in die Rezeption reinkommt, dann merkt man sofort, an was für einem Ort man gelandet ist.
00:05:29: Weil es nämlich im Sekunden, nicht im Sekundentakt, aber sagen wir, im halb-minuten-Takt ballert da eine U-Bahn oder S-Bahn über dich rüber.
00:05:38: Und das Ganze...
00:05:39: Das war gerade meine Frage.
00:05:40: ...gebelgwackelt.
00:05:41: Wie ruhig schläft man denn da in diesem Hotel?
00:05:43: Hm,
00:05:44: also ... Ich hab dann eingecheckt und musste meinen Pass hergeben, dass man weiß, wer ich bin und musste dann so eine Erklärung unterzeichnen, dass ich verstanden habe, dass es sich bei dem Under Rayway Hotel um ein Hotel unter einer Bahntrasse handelt und dass das natürlich mit Bahnverkehr zu tun hat und der Lärm verursachen kann.
00:06:03: Das muss man einmal anhaken, dass man das verstanden hat, dass die da irgendwie rein rechtlich und so haftungsmäßig fein raus sind.
00:06:11: Und ich hab das aber auch gefragt, ich sag, wie unruhig schlafe ich denn?
00:06:14: Und dann wurde mir an der Rezeption gesagt, ne, mach dir keine Sorgen zwischen, was war das, zwischen ein Uhr nachts und vier Uhr dreißig, würden gar keine Züge fahren.
00:06:23: Dann hab ich kurz nachgerechnet und gedacht, warte mal, dreieinhalb Stunden Ruhe hab ich heute Nacht.
00:06:27: Aber besser als nichts,
00:06:28: oder?
00:06:29: Besser als nichts, das stimmt, man muss das positiv sehen.
00:06:31: Und das haben die auch, das haben die ganz clever, ganz positiv verkauft.
00:06:34: Also die haben alle gesagt, ja, aber das ist ja auch eine tolle Erfahrung.
00:06:37: dann einfach mal so.
00:06:39: Ja, stimmt.
00:06:40: Aber ich dachte jetzt nicht unbedingt, dass das die ruhigste Nacht meines Lebens werden würde.
00:06:46: Aber ich war angefixt und dachte, wow, das ist ja spannend.
00:06:49: Ich bin dann wirklich ab und zu, musste ich mich dann auf den Weg zu meinem Zimmer ducken, weil diese Betonstützpfeiler so niedrig sind bzw.
00:06:59: andersherum das Hotel so hoch.
00:07:01: unter diese Bahntrasse gebaut wurde, dass es nicht mal eine Durchgangshöhe hatte.
00:07:06: Und das war alles sehr gedrungen, war sehr klein.
00:07:09: Das Zimmer hatte auch gerade mal zehn Quadratmeter.
00:07:12: Und die kleinste Badewanne, die ich in meinem Leben gesehen habe.
00:07:15: Es war lustig, dass man sich da überhaupt reinsetzen kann.
00:07:18: Aber jetzt muss ich mal ganz, entschuldige, ganz kurz du fragen.
00:07:22: Du hast gesagt, es war, also man schläft quasi direkt unter den Bahnschienen.
00:07:26: Ich konnte es ja auch nicht sehen, ich konnte es nur fühlen.
00:07:29: Aber die Frage an der Rezeption hat genau das beantwortet.
00:07:32: Ja, die Bahn fährt im Prinzip keine drei Meter oder so über deinem Kopf lang.
00:07:40: Weil es genau passend dort reingebaut wurde.
00:07:43: Das ist irre Vorstellung.
00:07:45: Und es war Platz, aber trotzdem für die Badewanne, wie groß bist du?
00:07:48: Ein Meter?
00:07:49: Eines,
00:07:50: vier und achtzig.
00:07:51: Du bist ein großer Europäer.
00:07:54: Die Menschen in Asien jetzt nicht so ganz groß, wie groß war diese Badewanne?
00:07:56: Hast du irgendwie reingepasst?
00:07:58: Ich habe mich reingesetzt und die Knie waren angezogen.
00:08:02: Was immerhin gut gedacht war, war, dass die Badewanne hoch genug war.
00:08:06: Also die Knie haben nicht übergestanden, man konnte sie hoch genug mit Wasser füllen und dann wäre auch mehr oder weniger mein ganzer Körper mit Wasser bedeckt gewesen.
00:08:13: Aber so wie wir es kennen mit so hinlegen oder ausstrecken oder so, das ist da eben einfach nicht drin.
00:08:17: Diesen Platz gibt es nicht.
00:08:19: Aber man wird sehr kreativ, das muss man ihnen lassen.
00:08:21: Ja,
00:08:22: das ist total toll.
00:08:24: Und ich habe auch besser geschlafen, als ich das selber vermutet hätte.
00:08:28: Die Kollegen hatten eine ganz witzige Idee.
00:08:30: Haben mir noch so ein Dezibel-Messer mitgegeben, um es mal zu messen.
00:08:34: Ja, wie laut es ist denn eigentlich, wenn da so eine Bahn rüber rattet.
00:08:37: Und das Ergebnis war erstaunlich.
00:08:39: Das waren nur siebzig Dezibel.
00:08:43: Und während ich das in die Kamera sagte, schlug dieser Dezibel-Messer weiter aus und wurde noch höher, weil meine Stimme viel lauter war als das, was an Bahngeräuschen im Zimmer angekommen ist.
00:08:55: Aber es ist so ein diffuses Brummen-Rattan-Wackeln, was die ganze Zeit so beschäftigt.
00:09:03: Das heißt, es ist nicht unbedingt die Lautstärke, sondern so ein Dauerrumoren, was ein bisschen Mürbe machen kann.
00:09:11: Ich glaube, manche Menschen stehen darauf.
00:09:12: Es gibt ja tatsächlich Leute, die einfach nicht einschlafen können, wenn es nicht Stadtlärm gibt, die dann irgendwie aufs Land gezogen sind und die müssen sich dann irgendwie eine CD oder ein Spotify-Song
00:09:21: von... Guter Punkt.
00:09:23: Weißte
00:09:23: von White Noise Großstadt irgendwie raussuchen, um einschlafen zu können.
00:09:27: Ich habe das ganz kurzer Exkurs in New York, in einem Days Bar war ich mal.
00:09:32: Also New York auch eine so laute Stadt.
00:09:34: Und da war ich in einem Days Bar, wo man sich auch mal eine Stunde lang abschalten kann und ein bisschen zur Ruhe kommen kann.
00:09:40: Und ich habe aber gemerkt, dass da die ganze Zeit irgendwas rauscht.
00:09:43: Und dann habe ich später nachgefragt, was war denn dieses Rauschen?
00:09:46: Ist das irgendwie eine Lüftung oder so?
00:09:47: Und dann hat die Angestellte gesagt, nee, das ist White Noise, genau, weil es ist Rauschen.
00:09:51: Das ist ganz wichtig, weil die Menschen hier in New York sonst verrückt werden würden, wenn sie plötzlich gar ... nichts mehr hören.
00:09:58: Das heißt, du musst auch in so einem Dayspar das so ein bisschen unterlegen, dass sie nicht irre werden, weil sie denken, wie Momentmarke.
00:10:06: Stille hab ich noch nie gehört.
00:10:07: Was
00:10:07: sagt das über uns Menschheit aus?
00:10:09: Ja, ja.
00:10:10: Ja, aber auch wirklich einfach, wie stressig es ist, in so einer Großstadt zu leben, in der du immer, immer mit irgendeiner Form von Lärm, wie sagt man, belästigt wirst.
00:10:22: War das nicht jetzt ein ganz besonders günstiges Hotel?
00:10:26: weil es wurde Platz genutzt und es ist jetzt nicht so so.
00:10:29: Schneewittchen, nee, wer hat so schön geschlafen, irgendeine Prinzessin, aber das war es halt nicht.
00:10:34: Das war es wohl nicht, nein, ich hatte vor der Nacht auch überlegt, Mensch, aufgrund des günstigen Preises sind, glaube ich, thirty-fünf Euro pro Person, also wirklich günstig, eher so auf Hostelpreise irgendwie im Vergleich zu Tokyo oder im Bezug auf Tokyo, dachte ich so, wenn ich mit der Familie vielleicht mal in Japan in Tokyo sein werde, dann könnte ich mir vorstellen, da einzuchecken, weil das ist irgendwie mit vier Personen, zwei Kindern und so, das wäre doch machbar.
00:10:57: Nach der Nacht wusste ich, das würden mir mindestens drei andere Menschen in meiner Familie um die Ohren hauen und sagen so, was hast du?
00:11:03: Du uns denn hier gebucht, die in der ganzen Nacht kein Auge zugebracht haben.
00:11:07: Also, man muss einen festen Schlaf haben, man muss wissen, worauf man sich einlässt.
00:11:11: Und dann ist das eine schöne Erfahrung, aber eine, die man vielleicht auch einmal macht.
00:11:16: Das ist doch der große Vorteil, wenn Papa bei Galileo arbeitet, oder?
00:11:19: Der hat schon mal alles durchwohnt, alles durchlebt, jede Nacht irgendwie sich um die Ohren gehauen, damit man dann weiß, was man möchte oder nicht möchte.
00:11:27: Wir haben gerade über die Lebenden gesprochen in Tokio, in dieser krassen Metropole.
00:11:32: Ihr habt auch was erlebt mit den... Toten.
00:11:35: Also jetzt nicht im speziellen Sinne.
00:11:37: Die waren dann schon tot, aber
00:11:39: werden
00:11:40: die denn untergebracht?
00:11:41: Das sind schon einige Menschen gestorben.
00:11:42: Ja, die müssen, also dieses Thema muss eben auch neu gedacht werden aufgrund des Platzmangels.
00:11:47: Denn ein Friedhof, so wie wir ihn kennen oder wie man ihn überall auf der Welt im Prinzip kennt, braucht natürlich Platz.
00:11:53: Die Menschen wollen ja nebeneinander auf einer irgendwie groß gearteten Fläche mit Grabstein und Kreuz oder wie auch immer.
00:12:02: begraben werden.
00:12:02: Und das kostet irre viel Platz.
00:12:04: Diesen Platz hat man in Tokio nicht mehr.
00:12:06: Weshalb man vor inzwischen auch über zehn Jahren das Thema neu gedacht hat und ein super abgespaces Haus, ein Gebäude gebaut hat, sechsstöckig hoch.
00:12:17: Und es sieht von außen, sieht es irgendwie aus wie, weiß ich nicht, das neueste Apple-Produkt.
00:12:21: So musst du dir das vorstellen.
00:12:22: So silber, grau wie so ein... Ich weiß auch gar nicht wie so ein Space Center oder so, aber es ist ein Ohrenfriedhof, der völlig abgefahren funktioniert.
00:12:33: Ich konnte es nicht glauben, bevor ich das mir von einem Mönch, der dort arbeitet, persönlich erzählen lassen.
00:12:39: Ich habe viele Fragen.
00:12:40: Also es sieht aus wie so ein App Store Temple, sozusagen weiß, schönes Design.
00:12:48: Ja, alles sehr
00:12:48: stetisch,
00:12:49: sehr ruhig, sehr modern.
00:12:51: In so einem silbrigen Grau war das alles gestaltet.
00:12:54: Da plätscherte ein bisschen Wasser und man ahnte schon, okay, ja, es geht hier um Andächtigkeit, es geht hier offensichtlich um Stille, um Ruhe für die Toten, denen eben natürlich trotzdem weiterhin respektvoll ihre Ruhe.
00:13:07: Und dann ist ein Mönch da.
00:13:09: Der lebt nicht in einem Kloster in diesem Komplex.
00:13:12: Nein,
00:13:13: es gibt kein richtiges Kloster dort, sondern der arbeitet eben einfach dort.
00:13:17: Aber wenn er dir dann an der Eingangstür entgegen tritt, dann sieht er aus wie ein Mönch, hat einen kahlgeschworenen Kopf, hat eine schwarze lange Kutte, hat viel Schmuck auch Ketten und was Mönche dann eben gerne so tragen und führt einen dann mit seiner ruhigen... Stimme und Art einmal dadurch durch diesen digitalen Friedhof.
00:13:39: Und das kann ich dir wirklich gerne mal erklären, wie das funktioniert.
00:13:43: Aber also, wir reden von echten Leichen und wir reden von einem echten Mönch und von einem Friedhof in einem hochmodernen Gebäude.
00:13:49: Und das war digital.
00:13:53: Ich habe viele Fragen.
00:13:54: Ja, also ich führe gerne aus.
00:13:56: Ich versuche das alles so klar wie möglich zu machen.
00:13:58: Du kommst dort rein und hast als Angehöriger, also wenn einer deiner lieben Menschen bereits gestorben ist und dort per Ohne beerdigt wurde, bekommst du so eine digitale Karte.
00:14:09: Das ist nichts anderes, kannst du dir vorstellen wie so eine Hotelzimmer-Schlüsselkarte.
00:14:14: Mit der lockst du dich ein, wenn du deinen verstorbenen Menschen besuchen möchtest.
00:14:20: schiebs diese Karte in einen Schlitz, dann weiß das System, ah, hier meldet sich gerade Familie XY an und möchte den Verstorbenen besuchen.
00:14:29: Und dann geht im Hintergrund eine Maschinerie los, die, ja, seines Leichen sucht.
00:14:35: Es hat in diesem Gebäude nämlich Platz für insgesamt sieben Tausend Urnen, die mit so einem modernen Regal Verstaurungssystem gelagert werden.
00:14:46: Dieses System hat Toyota.
00:14:48: erfunden, entwickelt, der Autobauer.
00:14:52: Und sobald du dich dort mit deiner Karte eingeloggt hast, weiß das System A. Die und die Urne von der und der verstorbenen Person möchte jetzt gerne runter zum Grab mal gebracht
00:15:04: werden.
00:15:04: Ach, die Urne wird gefahren, Oma wird gefahren in der Urne.
00:15:08: Dann fährt genau dieses Regalsystem, geht zu Platz siebhundertneunzig im sechsten Stock, weiß ich nicht, und zieht die entsprechende Urne raus und bringt sie nach unten ins Erdgeschoss.
00:15:18: an ein digitales Grabmal.
00:15:20: Das ist ein Grabstein, so wie wir ihn auch kennen.
00:15:23: Da gibt es auch eine allgemeine Inschrift sozusagen, die ich nicht lesen kann, weil mir die Schriftzeichen nicht so viel sagen auf japanisch.
00:15:30: Aber dann gibt es da ein Bilderrahmen, auf dem ein digitales Foto von der verstorbenen Person auftaucht.
00:15:36: Dann gibt es einen zweiten Bilderrahmen, wo zum Beispiel ein Familienmotto, ein Familienvers, ein Gedicht wie auch immer auftaucht.
00:15:43: und dieser digitale ... Allgemeine Grabstein wird dann personifiziert, personalisiert.
00:15:51: Und du kannst dort dann deine Andacht halten oder mit dem verstorbenen Reden, weil du weißt, die Ohne ist jetzt hinter diesen Grabstein gefahren worden.
00:15:58: Und ich kann jetzt hier Zeit mit ihm oder mit ihr verbringt.
00:16:02: Also unser gewohntes Konzept ist ja, und lass hier ruhen in Frieden.
00:16:05: Das, was du gerade erzählt hast, aber die sind sozusagen ihr ganzes Leben nach dem Leben immer in Bewegung.
00:16:11: Weil sie immer hoch und runter gefahren werden.
00:16:13: Zum Angucken.
00:16:14: Richtig, genau.
00:16:15: Man muss sich da erst mal drauf einlassen.
00:16:17: Ich finde auch, das war ungewöhnlich, dieses Thema Tod oder Beerdigung so neu zu denken aus der Not heraus.
00:16:25: Wir sind immer noch beim Thema Platzmangel und trotzdem wollen viele Tokiota natürlich irgendwie ihre verstorbenen Respekt voll zur Ruhe bringen und trotzdem eben regelmäßig besuchen.
00:16:37: und ihn nahe sein.
00:16:38: Und das ist eine Lösung, die, glaube ich, nachdem ich da den ganzen Tag verbracht habe, ich kann das nachvollziehen.
00:16:44: Also dem Thema Tod wird dort trotzdem sehr respektvoll andächtig begegnet, habe ich den Eindruck, du hast recht, die sind ständig in Bewegung und ruhen vielleicht doch gar nicht so in Frieden, wie wir das gewohnt sind.
00:16:58: Aber es hat auch ganz viele Vorteile.
00:17:00: Du hast keine Grabpflege.
00:17:03: Du bist immer wetterunabhängig.
00:17:07: Es kostet auch weniger Geld, als es kosten würde, würde man auf einem echten Friedhof jemanden begraben, weil die Quadratmeterpreise ja einfach, es ist nicht bezahlbar in Tokio.
00:17:19: Das heißt, es bringt tatsächlich auch aufgrund der Notwendigkeit trotzdem auch viele Vorteile mit sich, sich auf diese neue Idee einzulassen.
00:17:26: Man
00:17:26: könnte jetzt aber auch kätzlerisch formulieren, also wenn diese Urne irgendwo sein muss, dann könnte man ja auch einfach sozusagen zu Oma hingehen und nicht Oma zu sich bringen lassen.
00:17:34: Das ist ja schon irgendwie so eine Anspruchshaltung.
00:17:37: Oma, komm, du mal zu uns, weil wir sind jetzt gerade
00:17:39: hier.
00:17:39: Das stimmt.
00:17:40: Aber nach dem System ist es im Prinzip gar nicht anders möglich.
00:17:43: Die Alternative wäre, dass man sich irgendeinen Friedhof zwei Stunden außerhalb von Tokio sucht.
00:17:49: Also so lange dauert es in der Regel, um aus der Stadt rauszufahren.
00:17:52: Einen normalen Friedhof sucht, um sozusagen die traditionelle Art und Weise aufrecht erhalten zu können.
00:17:58: Ich fand es spannend und vielleicht auch aufgrund der Umstände ... zeitgemäß das neu zu denken.
00:18:04: Ich weiß nicht, wie du hast es jetzt zum ersten Mal gehört, wie du darüber denkst.
00:18:08: Wäre das was?
00:18:09: Also, ich find's ultra schräg und ich finde es ein bisschen pietätlos, wenn ich ganz ehrlich bin, weil ich schon eher von dem Konzept ausgehe, dass wenn man dann mal das Leben hinter sich hat, dass man auch tatsächlich in ruhenfrieden, in frieden ruhen darf, so wäre jetzt mein persönlicher Ansatz, dass man noch als Urne auf Knopfdruck dann zur Verfügung stehen muss, wenn die anderen gerade Zeit haben zwischen... Zweitermin.
00:18:31: Das klingt
00:18:32: doch erst mal ein bisschen komisch.
00:18:34: Genau.
00:18:36: Aber ihr habt vermutlich auch Menschen dort getroffen, die dann ihre Verwandten da besucht haben.
00:18:39: Und für die war das dann normal?
00:18:42: Ja, es bekommt offensichtlich eine Normalität, die dann für alle auch okay ist.
00:18:46: Und ich glaube auch wirklich, wenn man einmal sozusagen diese Hürde der offensichtlichen Skurrilität übersprungen oder überwunden hat, das nicht mehr hinterfragt das System, das ist dann ... sehr wohl auch ruhig und schön und gut sein kann, weil es für viele eben auch aus finanziellen Gründen die einzige Möglichkeit ist, überhaupt ihren Verstorbenen nahe sein zu können.
00:19:12: Könntest du dir jemals vorstellen in so einer riesigen Metropole zu leben?
00:19:20: Nein.
00:19:21: Nein, ich finde, dass ja immer wieder spannend dort eintauchen zu dürfen und möchte das auch auf keinen Fall missen, weil es da ... Man weiß ja überhaupt bei Tokyo gar nicht, wo man zuerst hingucken soll, weil es so viel zu sehen und zu staunen gibt.
00:19:33: Aber Ende der Geschichte ist bei mir schon auch immer toll hier gewesen zu sein.
00:19:40: Wahnsinn, was ihr für Ideen habt, spannend diese fremden, fremde Welt sehen zu können.
00:19:46: Aber jetzt geht's wieder nach Hause und da weiß ich auch, wo ich hingehöre.
00:19:48: Und nicht ganz so groß, finde ich, in dem Fall dann auch schöner.
00:19:53: Ja,
00:19:53: aber was du erlebt hast, das ist natürlich für uns schön, dass wir einfach daran teilhaben können.
00:19:58: Und das könnt ihr zu Hause natürlich auch.
00:20:00: Vielen Dank lieber Christoph.
00:20:01: Bis zum nächsten
00:20:02: Mal.
00:20:03: Und Christophs Reise gibt's natürlich nicht nur zu hören hier im Podcast, sondern auch zu sehen auf unserem Super Streamer Join.
00:20:09: Am besten, ihr ladet euch die Join App.
00:20:12: direkt auf euren Fernseher runter.
00:20:14: Dann klickt ihr auf die Galileo Explorer und da findet ihr dann noch mehr Geheimnisse rund um Tokio, zum Beispiel auch eine geheime und versteckte Bar, in der sich die Geschäftsleute von Tokio nach dem Büro noch einen geheimen Drink gönnen.
00:20:29: Also einfach mal reinschauen und hoffentlich bis zum nächsten Mal hier beim Galileo Podcast.
00:20:33: Ich bin Stefan Gürtel.
00:20:35: Bis dann.
00:20:35: Tschüss.
Neuer Kommentar